Prof. Dr. Klaus Buchner (ÖDP) war von 2014 bis 2020 MdEP der ÖDP im EU-Parlament

Die Liste der ÖDP zur Europawahl im Mai 2014 wurde von Prof. Dr. Klaus Buchner angeführt. Er ist Atomphysiker und hat 2009 mit Teilerfolgen gegen den EU- Vertrag von Lissabon geklagt. Er besitzt daher viel EU- Detailwissen und wird so eine wesentliche Bereicherung des Europa-Parlamentes sein. Ein herzliches Danke an alle Wählerinnen und Wähler, die mit ihrer Stimme Dr. Buchner im Mai 2014 in das EU- Parlament gebracht haben, Dr. Buchner gehörte laut externen Bewertungen zu den aktivsten MdEP aus Deutschland.

ÖDP Bergisches Land

Freitag, 24. Februar 2012

Was Politiker in Wuppertal, Remscheid und dem Bergischen Land von einem Schweizer Verkehrsexperten lernen können

Von Felix Staratschek, Radevormwald, verkehrspolitischer Sprecher der ÖDP Bergisches Land

In der Schweiz ist die Bahnwelt in Ordnung, denken viele. Nirgendwo sonst auf der Welt fahren die Personenzüge so einen dichten Taktfahrplan im ganzen Land und werden Güter in großer Zahl auch über kurze Strecken von Anschlussgleis zu Anschlussgleis befördert. Das eine Industriestadt wie Remscheid oder eine ganze region, wie der Oberbergische Kreis keinen mit Personal besetzten Güterbahnhof mehr haben, wäre in der Schweiz noch undenkbar. Auch in Wuppertal ist die Güterbahn kaum noch anwesend. Der Schweizer Güterverkehr auf der Schiene ist sehr kundenfreundlich, aber leider auch aufwendig. Und letzteres ist der Grund, warum in der Schweiz darüber nachgedacht wird, ihr gutes Güterzugsystem "gesundzuschrumpfen". Wenn da nicht Erinnerungen an die Deutsche Bundesbahn und die deutsche Verkehrspolitik bzw. an die Deutsche Bahn und MORA-C  hochkommen, die sich ja auch weitgehend unter allen Bundesregierungen aus der Fläche zurückgeschrumpft hat und schließlich auch viele größere Städte, wie Wuppertal, Remscheid, Velbert, Gummersbach vom Güterverkehr abhängte oder nur noch einen bescheidenen Restverkehr durchführt. Deutschland müsste bei Schweizer Verhältnissen gut 6000 Ladestellen haben. Aber noch vor der letzten großen Stilllegungsaktion in Deutschland im Jahr 2001 waren es nur noch 2100 Güterbahnhöfe.

Zu einem solchen Abbau von Güterverkehr muss es nicht kommen, meint Andreas Bieniok, Leiter des Amtes für öffentlichen Verkehr des Kantons St. Gallen: „Besser wäre ein integrierter kombinierter Verkehr mit einfachen Umladesystemen.“ Und wie er das meint, führte er in der Neuen Züricher Zeitung vom 31.01.2012 aus.

Zur Ausgangslage:



506 Ladestellen für den Güterverkehr werden in der Schweiz per Schiene verbunden. Allerdings sorgen davon nur ca. 250 Ladestellen für 95% des Wagenaufkommens, die anderen ca. 250 Ladestellen erzeugen nur 5% des Wagenverkehrs. Und so meinen viele in der Schweiz, auf diese 5% könne die Bahn verzichten.
«Güter auf die Bahn» lautet ein Werbespruch aus den siebziger Jahren, aber das wollen viele nicht um jeden Preis.

Andreas Bieniok: „Im Güterverkehr innerhalb der Schweiz hat die Bahn noch eine beachtliche Stellung. Der Transport von Zement, Holz oder Futtermitteln erfolgt mit Einzelwagen bis in Anschlussgleise.“ Aber die Hälfte der Bedienpunkte bringe weniger als 1000 Wagen im Jahr oder 3 bis 5 Wagen pro Tag.
Aber ließe sich durch Gesundschrumpfen die Bahn sanieren? Auch wenn es nur 5% des Frachtaufkommens sind, steigen mit der Umweltbelastung die externen Kosten und wenn LKW- Transporteure einmal durch einen Abbau dieser 5% den Fuß in Türen zu den Versandabteilungen vieler Firmen haben, werden die versuchen, weitere Anteile aus dem Kuchen herauszuholen.

Fakt ist, die heutigen Güterzüge sind bei den aktuellen Marktzuständen zu teuer und verursachen so, wenn man externe Kosten ausklammert, ein Defizit. Aber kann man nachhaltig Kosten sparen, wenn man einfach diese Güterzugleistungen einstellt und jeden zweiten Bedienpunkt für Wagenladungen aufgibt?
Wenn die Vorgaben künftig mindestens mehr als fünf gemeinsam beförderten Bahnwagen pro Tag für eine Ladestelle fordern, verspielt die Eisenbahn ihre Chancen, flächendeckend LKW- Verkehre von der Straße zu übernehmen. „Nur wenn einzelne Lastwagenladungen praktisch an jedem Bahnhof auf die Schiene wechseln können, ergeben sich möglichst lange Transportwege auf der Schiene,“ stellt Bieniok fest.

Andreas Bieniok meint entdeckt zu haben, wo die Kosten wirklich entstehen und wo durch die beabsichtigte Schrumpfung reale Einsparungen geschaffen werden.
Bieniok sagt, würde man die Güterzüge so zusammenstellen, dass die Waggons entsprechend der Transportweite sortiert sind, bräuchte man an jedem Bahnhof die entsprechenden Wagen(-gruppen) nur abzuhängen. Sie könnten ohne weitere Rangiervorgänge in die Ladegleise geschoben werden. Demnach seien nicht Ladepunkte an sich der Kostentreiber, sondern das aufwendige Rangieren.
„Effizient transportieren heißt effizient sortieren“, formuliert Bieniok sein Credo für eine bessere Güterbahn.

Aber um die Reihenfolge der Waggons mit der Reihenfolge der Ziel- Ladestellen in Übereinstimmung zu bringen, müssten beim heutigen Zugsystem alle Züge noch einmal zerlegt werden und für jedes Ziel ein Sortiergleis haben. Das ist aber ebenso eine Kostenquelle, wie das Rangieren am Ladepunkt.
Bieniok schlägt deshalb ein neues Sortieren vor, dass nicht nur eine Sortierrichtung kennt, sondern zwei bis drei. Als Beispiel führt Bieniok die Luftfracht an, wo Rollcontainer in der richtigen Reihenfolge bereitgestellt werden. Auch Paletten werden so auf LKW geladen, dass diese so stehen, das die, die zum Entladen anstehen, immer vorne stehen.
Nur ein preiswerter Sortiervorgang vom „Ferngüterzug“ (was in der Schweiz ein sehr relativer Begriff wäre) auf den Regionalgüterzug verbilligt die Transportkette auf der Schiene, so dass die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem durchgehenden LKW- Verkehr möglich wird.

Zwar soll von der SBB zwischen Dietikon und Renens ein Containerzug im Binnenverkehr fahren und es soll schrittweise ein Netz von Terminals aufgebaut werden. Aber das ist kein neuer Weg und wurde in den vergangenen 15 Jahren immer wieder gefordert. Aber auch wenn die SBB von Gateway-Terminals sprechen, erkennen die die wesentlichen Vorteile der Frachtbeförderung in Behältern im Vergleich zu Bahnwagen nicht und merken nicht, was den besten Erfolg bringt. Transportbehälter sortieren statt Waggons rangieren sind laut Bieniok angesagt, das bringt die Wirtschaftlichkeit und nicht die Reduzierung der Ladestellen für den Umschlag Schiene-Straße.

"Der Abbau der Ladestellen im klassischen Wagenladungsverkehr und der „Aufbau neuer Punkt-Punkt-Kombiverkehrsangebote sind die falsche Strategie für den Binnengüterverkehr“, stellt Bieniok fest. Das führe unweigerlich in die Sackgasse. Er fordert in der Fläche eine radikale Umstellung und eine Trennung von Bahnwaggon und dem darauf beförderten Güterbehälter. Die Behälter können unter Nutzung aller 3 Raumdimensionen sortiert werden und so kann die Bahn auch die vielen kleinen Transportmengen wirtschaftlich bündeln und so LKW- Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern. So könnte die Bahn endlich ihre Frachtpotentiale voll ausnutzen und einen stärkeren Beitrag zum Ressourcen- , Umwelt- und Klimaschutz leisten.

Für mich ist das nichts neues, aber es ist immer gut, wenn eigene Gedanken von einem Verkehrsfachmann bestätigt werden. Denn das was hier steht, habe ich u.a. vor einigen Jahren als Leserbrief gefordert, der im Handelsblatt und der Süddeutschen Zeitung erschienen ist.
 

Andreas Bieniok leitet seit 1999 das Amt für öffentlichen Verkehr des Kantons St. Gallen und war von 1993 bis 1996 Leiter eines Bundesprogramms für energiesparenden und umweltschonenden Güterverkehr.
Weitere interessante Seiten zum Thema:
Container Linienzüge
Umladeverfahren
 

Was bedeuten diese Ausführungen eines Schweizers für Remscheid, Wuppertal und das Bergische Land?


Der Rückzug der Güterbahn aus Remscheid, Wuppertal, Solingen und dem Bergischen Land ist kein Naturgesetz, sondern Folge falscher politischer und bahnunternehmerischer Weichenstellungen. Werden diese Irrwege beendet, brauchen Wuppertal, Remscheid, Gummersbach, Velbert, Wermelskirchen und andere Orte wieder große Flächen für Güterlogistik direkt an den Gleisen. Die Flächen, die dafür am Remscheider Hauptbahnhof und in Lennep oder an der Wuppertaler Nordbahn noch vorhanden sind, dürfen daher nicht für kurzfristigen Profit geopfert werden, da die Rainessance der Güterbahn den guten Gleisanschluss zu einem wichtigen Standortfaktor machen wird. Wenn in Remscheid, Wuppertal und anderen bergischen Städten hier die Zukunftspotentiale verbaut werden, kann dies Neuansiedlungen von Unternehmen verhindern und bei vorhandenen Unternehmen Verlagerungen zu Orten mit besseren Gleisanschlüssen und Güterbahnhöfen fördern. Technik, Ideen und Konzepte für eine bessere Güterbahn sind da - hoffentlich sind auch noch die Flächen für eine moderne Güterbahn noch da, wenn die Politik endlich zur Einsicht kommt. Auf manchen Radweg, den man jetzt auf voreilig stillgelegten Eisenbahnstrecken anlegt, statt Fahrradverkehr an anderer Stelle sinnvoll zu fördern, wird man verzichten müssen, wenn die Züge ihre alten Trassen zurück bekommen. Denn mit Fahrradrikschas wird man die Industrie nicht versorgen können, wenn Peakoil und Klimawandel den Ausbau der umweltfreundlichen und ressourceneffizienten Schiene erfordern und den LKW zu teuer machen. Das die Bahn preiswerter und attraktiver werden kann ist ja mit diesem Text und den Links zu weiteren Informationen deutlich dargestellt. Angesichts dieser Fakten ist es nicht zu verstehen, dass bisher die IHK so wenig Interesse an einer besseren Flächenbahn hat und die "Bahnradwege" als Standortverbesserung lobt.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen